Zahnärztin Frau Dr. Wißmeier erklärt.

Dr. Carola Wißmeier

»Mit Zahnfleischbluten fängt es an.« So lautete einst ein bekannter Spruch einer Zahncreme-Werbung. Gewarnt wurde vor Zahnverlust durch Parodontose: Bakterien verursachen immer tiefere Entzündungen am Zahnfleisch. Taschen entstehen, das Zahnfleisch bildet sich zurück, bis der Zahn schließlich seinen Halt verliert und ausfällt. 

Auch deshalb war man früher mit 70 oft weitgehend zahnlos und musste sich mehr schlecht als recht mit Prothesen behelfen. In dieser Hinsicht hat sich in den letzten Jahrzehnten schon viel getan in Deutschland. Es gibt bessere Aufklärung, bessere Vorsorge und mehr Behandlungsmöglichkeiten. Trotzdem leiden hierzulande noch immer fast 12 Millionen Menschen unter einer schweren Form von Parodontitis. Die Krankheit bleibt damit ein Volksleiden, und sie wird zudem in ihrer Gefährlichkeit gemeinhin stark unterschätzt.

Gefahr Parodontose

Denn kaum einem Patienten ist bewusst, dass schleichende Parodontose (bzw. Parodontitis) langfristig nicht nur zu Zahnverlust führt, sondern obendrein mit ganz anderen gesundheitlichen Schäden verknüpft sein kann. So kommt es bei unerkannter und unbehandelter Parodontitis nicht selten zu Diabetes, zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zu rheumatischer Arthritis. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt.

Neuer Kassenstandard

Zudem bleibt die medizinische Entwicklung nicht stehen, es gibt immer bessere Möglichkeiten, der Krankheit Herr zu werden. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die gesetzlichen Krankenkassen haben sich daher zusammengesetzt, um den Behandlungsstandard auf den aktuellen Stand zu bringen. Im Ergebnis konnte der Leistungsumfang für gesetzlich Versicherte erheblich verbessert werden. In den neuen Standard wurden auch Leistungen aufgenommen, die bisher vom Patienten individuell bezahlt werden mussten.

Wesentliches Element ist die Aufklärung

Was ist neu? Wesentliches Element der Parodontitis-Vorsorge ist nun die fachmännische Aufklärung. Gesetzlich versicherte Patienten haben alle 2 Jahre Anspruch auf ein professionelles Parodontitis-Screening durch den Zahnarzt. Dabei werden Stadium, Schweregrad und Ausmaß von eventuellen Erkrankungen schriftlich festgehalten. Das Screening ermöglicht gezielte Diagnostik und das Angehen der Ursachen. Nicht selten ist nämlich falsch durchgeführte Mundhygiene schuld an der Parodontose. Denn jeder Mund ist anders – eine Universalmethode zur Zahnreinigung gibt es nicht. Die Anpassung der Zahnpflege kann bereits ein wichtiger Schlüssel zur Heilung sein. Das Aufklärungs- und Therapiegespräch beim Zahnarzt beinhaltet daher die individuelle Beratung der Patienten zur Mundhygiene.

Sollte die Parodontitis aber bereits weiter fortgeschritten sein, folgt die medizinische, antiinfektiöse Therapie, um die schädlichen Bakterien zu eliminieren. Nach dieser Behandlung werden in den folgenden 2 Jahren alle 4 bis 12 Monate von der Zahnarztpraxis Mundhygienekontrollen durchgeführt sowie ggf. auch Zahnreinigungen. In der Nachsorge erhebt und vergleicht der Zahnarzt die Befunde mit den Ausgangsbefunden. Wenn nötig wird dann eine weitere unterstützende Parodontaltherapie vorgenommen. Für all diese Kassenleistungen müssen gesetzlich Versicherte nichts zuzahlen.

Ich als Zahnärztin begrüße die Änderungen sehr. Sie sind ein Schritt in die richtige Richtung. Mit den neuen Bausteinen wird sich die Zahngesundheit in Deutschland weiter nachhaltig verbessern.